
Ludwig Philipp Strack, Mansholter Eiche, 1832, © Stadtmuseum Oldenburg
Baumpflege in Zeiten des Klimawandels
Totholz und Romantik
Die alten und absterbenden Bäume in den historischen Parkanlagen der Klassik Stiftung Weimar erinnern vielfach an romantische Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Doch die Totholzbildung geht vor allem auf den Klimawandel zurück. Gartenexperte Andreas Pahl weiß, dass ein neuer Umgang in der Baumpflege erforderlich ist.
Der Klimawandel und die damit verbundenen Dürreperioden setzen dem Baumbestand in den historischen Parks und Gärten der Klassik Stiftung Weimar sichtbar zu. Die Auswirkungen von Trockenstress führen insbesondere bei Altbäumen zu einer vermehrten Totholzbildung und einem schnelleren Absterben. Viele Bäume stehen bereits vor einem natürlichen Generationenwechsel, da sie während der Entstehung der Landschaftsgärten im frühen und mittleren 19. Jahrhundert gepflanzt wurden und sich ihre Lebensspanne dem Ende neigt. Doch die Folgen des Klimawandels beschleunigen diesen Prozess, sodass ein neuer Umgang in der Baumpflege erforderlich ist.
Totholz und Romantik
Alte und absterbende Bäume haben eine besondere Ästhetik, die insbesondere von den Malern des 19. Jahrhunderts aufgegriffen wurde. Zuerst denken wir natürlich an Caspar David Friedrich, als bedeutenden Maler der Romantik. In seinem Gemälde Abtei im Eichwald (1809-10) sehen wir Eichen mit reduzierten, teilweise ausgebrochenen Kronen, die eine Kirchenruine rahmen. Aus baumpflegerischer Sicht zeichnen sich die Bäume durch eine geringe Vitalität und sinkende Lebenserwartung aus, doch künstlerisch sind sie prägend für die Romantik.
Sie haben für uns auch weiterhin einen Nutzen. Alte Bäume sind einerseits wichtige gartenkünstlerische Elemente, die die ästhetische Wirkung historischer Gartenanlagen unterstützen. Andererseits stellen sie besondere Habitate für geschützte Arten dar, insbesondere für Vögel, Insekten und Fledermäuse.
Ein anderer Eindruck drängt sich bei Betrachung des Gemäldes Der einsame Baum (1822) auf, eines der bekanntesten Werke Caspar David Friedrichs. Es zeigt eine solitär stehende Eiche mit einer zurückgetrockneten und abgebrochenen Kronenspitze. Die Eiche ist kompositorischer Mittelpunkt des Bildes, ihre trockene Kronenspitze überragt die Bergkulisse im Hintergrund und reicht bis in die Wolken. In den Parks der Klassik Stiftung Weimar gibt es ähnliche Bäume. Ihr Aussehen ist eine direkte Folge des Klimawandels, insbesondere der letzten Dürrejahre 2018 bis 2022.

Caspar David Friedrich, Der einsame Baum, 1822, © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Jörg P. Anders
Baumpflege damals und heute - ein exemplarischer Vergleich
Heutzutage orientiert sich die Baumpflege in der Regel an technischen Richtlinien und Vertragsbedingungen, die darauf abzielen, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Es wird beispielsweise Totholz durch einen präzisen Schnitt entfernt, um Passant*innen vor möglichen Astbrüchen zu schützen. Dies war in früheren Zeiten allein schon aus technischen Gründen kaum möglich. In dem Bild Mansholter Eiche (1832) von Ludwig Philipp Strack aus dem frühen 19. Jahrhundert zeigt sich noch ein anderer Umgang. Auf dem Gemälde ist eine alte Eiche mit absterbender Krone zu sehen. Der Baum ist von einem Zaun umgeben, der vermutlich vor herunterbrechenden Ästen schützen soll. Darüber hinaus ist es denkbar, dass die Absperrung auch den Baum und dessen Wurzelbereich schützen sollte, um ihn als Naturmonument für die Nachwelt zu erhalten.

Ludwig Philipp Strack, Mansholter Eiche, 1832, © Stadtmuseum Oldenburg
Es gibt also unterschiedliche Wege, alte Bäume baumpflegerisch zu behandeln. Wenn ein Baum so weit geschädigt ist, dass man weder eine wirksame Abschottung noch einen Wundverschluss erreichen kann, muss zur Entnahme von Totholz nicht zwingend ein gerader Schnitt mit der Motorsäge erfolgen. Aus baumbiologischer Sicht kann ein abgestorbener Ast auch abgebrochen werden. Dieses Prinzip hat sich bereits in einigen historischen Gärten etabliert, wie zum Beispiel auf der Pfaueninsel in Berlin. Diese ist für ihren großen Bestand an Alteichen bekannt. Auch in den historischen Parkanlagen der Klassik Stiftung Weimar wurde dieses Verfahren bereits in einigen Fällen angewendet. Es verbindet neue Erkenntnisse in der Baumpflege mit dem ästhetischen Empfinden des 19. Jahrhunderts.

Caspar David Friedrich, Herbstabend am See, um 1805, © Klassik Stiftung Weimar
Wir können heute nicht mehr davon ausgehen, dass neu gepflanzte Bäume ein ähnlich hohes Alter von mehreren hundert Jahren wie ihre Vorgänger erreichen. Dafür haben sich die klimatischen Bedingungen in zu kurzer Zeit verändert; die weitere Dynamik sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf den Baumbestand bleiben unvorhersehbar. Gleichzeitig sterben viele Bäume ab. Es wird daher unumgänglich sein, alte Bäume so lange wie möglich zu erhalten und gleichzeitig verstärkt neue Bäume zu pflanzen. Dabei stehen wir vor der Herausforderung, Baumarten zu finden, die besser an die neuen klimatischen Bedingungen angepasst sind.
Wie weiter mit dem Baumbestand?
In diesem Kontext wird häufig über die Verwendung von sogenannten Klimabäumen diskutiert. Darunter versteht man Bäume, die aufgrund ihrer Herkunft besser mit Trockenperioden umgehen können als heimische Bäume. Es gibt bereits viele Versuchspflanzungen von Stadtbäumen, die ursprünglich in Südosteuropa oder in Asien beheimatet sind. Dazu gehören beispielsweise die Ungarische Eiche oder der Schnurbaum. Doch eignen sie sich auch für historische Gartenanlagen?
Die Parkanalgen der Klassik Stiftung Weimar sind durchkomponierte Gartenkunstwerke. Die Bäume wurden bewusst nach Wuchs, Farbe, Blattform oder Blüte ausgesucht, um bestimmte Bilder und Stimmungen zu erzeugen. Bäume, die nur aufgrund ihrer höheren Klimaresilienz ausgesucht werden, könnten das Erscheinungsbild der Gärten und Parks nachhaltig verändern und somit die künstlerische Aussage und die Denkmaleigenschaft der Anlagen beeinträchtigen.
Eine mögliche Alternative stellen genetisch angepasste Ersatzbäume dar. Das sind Bäume der gleichen Gattung und Art, die aber eine andere, meist südlichere, genetische Herkunft haben. Bei einem darüber hinausgehenden Gattungs- und Artenwechsel muss zwingend auf einen ähnlichen Habitus geachtet werden, um die Bildwirkung zu erhalten. Denkbar und auch schon in den Parks der Klassik Stiftung Weimar angewendet, ist ein Wechsel von Fichte zu Douglasie oder anderen Koniferen ähnlichen Wuchses. Es gibt auch bei den Laubbäumen vielversprechende Versuchspflanzungen in anderen Schlösserverwaltungen. Hier werden beispielsweise südländische Eichen, wie die Zerreiche, als Ersatz für heimischen Eichen gepflanzt.
Als lebendiges Kunstwerk haben sich die Gartenanlagen schon immer verändert. Doch der Klimawandel scheint nochmal eine ganz neue Dimension hervorzurufen. Was den Erhalt von alten Bäumen angeht, müssen wir unsere Sehgewohnheiten daher langfristig ändern – und den ästhetischen Wert von absterbenden Bäumen anerkennen.